Yoga & Wissenschaft Was ist dran am Rauch-Stopp mit Yoga?

Yoga & Wissenschaft Was ist dran am Rauch-Stopp mit Yoga?

So, jetzt mal Schluss mit dem Eso-Gedöns und her mit den harten Fakten! Dem fernöstlichen All-inclusive-Programm für Körper und Geist wird ja viel Gutes zugetraut. Doch können Yoga und Meditation auch helfen, von den Zigaretten los zu kommen? Lässt sich das wissenschaftlich stützen?

03.01.2021Dr. Kai Kaufmann, Hamburg

Yoga und Gesundheit, das gehört zusammen wie – pardon – Nikotin und eine Teerlunge. Der ganze Sinn und Zweck von Stellungen, Atemtechniken und Co. liegt ja seit den Anfängen von Yoga vor tausenden von Jahren darin, den Körper möglichst gut in Schuss zu halten, damit der finalen Erleuchtung keine Zimperlein im Wege stehen. Dass Yoga tatsächlich gesundheitsfördernd ist, wissen auch westliche Schulmediziner schon lange. So gibt es dank der modernen Neurowissenschaften jede Menge Erkenntnisse darüber, wie zum Beispiel Meditation als ein Element des Yoga unser Gehirn strukturell verändert; oder etwa, weshalb Yoga durch meditative Atemübungen die Zellalterung verlangsamt: optisches Altern in Slo-Mo inbegriffen oder: Bye bye Facelifting, hello Meditation.

Yoga-Tradition und Wissenschaft

Doch was weiß die Wissenschaft heute darüber, ob Yoga tatsächlich helfen kann, wieder zum Nichtraucher zu werden? Und was lehrt auf der anderen Seite die klassische Yoga-Literatur hierüber, eine Literatur die sich wiederum auf alte Texte und Gurus wie Swami Vivekananda (1863 – 1902) sowie den größten noch lebenden Yoga-Meister B.K.S. Iyengar (geb. 1918) bezieht?

Mysteriöses Pranayama

Ein Blick auf die yogischen Atemtechniken, Pranayama genannt, drängt sich als erstes auf. Denn fast alle dieser Techniken – von der Schnellatmung Kapalabhati bis zur Wechselatmung Anuloma Viluma – zählen zu den Kriyas, also den reinigenden Übungen. Und auf dem Weg zum Nichtraucher sollte eine gereinigte Lunge doch hilfreich sein. Ebenso wie ein erhöhtes Lungenvolumen, die Harmonisierung aller Körpersysteme und vieles mehr, was unter „Wirkungen von Pranayama“ in jedem Handbuch nachzulesen ist. Nur: Wissenschaftlich sind viele der traditionellen Wirkungen von Atemübungen bislang kaum untersucht worden, geschweige denn belegt. Ganz so einfach scheint es eben doch nicht zu sein mit der Yogamatte als quasi private, tragbare Betty-Ford-Klinik zur Raucherentwöhnung. 

Der heilige Gral der Wissenschaft

Will man die Frage nach einer unterstützenden Wirkung von Yoga auf dem Weg zum Nichtraucher wissenschaftlich beantworten, führt der digitale Weg zur PubMed, einer Datenbank des National Institutes of Health. Sie ist die weltweit führende Organisation für medizinische Forschung. Rund tausend Studien zur Wirkung von Yoga werden hier geführt. Einige auch zu der Frage, wie Yoga es erleichtern kann, Nichtraucher zu werden. Und die Ergebnisse dieser Studien sind, vorsichtig formuliert, vielversprechend.

Die Gier wegatmen

Beginnen wir gleich mit unserer alten Bekannten, der Atmung. Ein Team des Department of Epidemiology and Public Health vom University College in London wollte wissen, welchen konkreten Einfluss Yoga-Atemübungen auf das Verlangen nach Nikotin und den Entzugserscheinungen während der Raucherentwöhnung haben. Dies untersuchten sie in einer Laborsituation, in der die Testpersonen entsprechende Atemübungen praktizierten. Es zeigte sich unmittelbar nach dem Pranayama ein deutlich geringeres Verlangen nach Nikotin. So weit so gut. In späteren Kontrollen ließ diese Wirkung nach – allerdings hatten auch nur die wenigsten Testpersonen die Atemübungen fortgesetzt. (Quelle 1)

Doch was halten Patienten von Yoga-Techniken, wenn sie über längere Zeiträume praktiziert werden? Ein Forscherteam vom Mayo Clinic College of Medicine, Rochester, führte über mehrere Jahre eine anonyme Befragung von 1.175 Patienten durch (Quelle 2). Alle Patienten wurden an einer Klinik behandelt, die auf Nikotinentzug spezialisiert ist. Es sollte aus Sicht der Betroffenen die Wirksamkeit alternativer Methoden von Hypnose bis Meditation  eingeschätzt werden. Auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen schätzten die Patienten folgende Methoden als die wirksamsten ein: Yoga, Meditation, Entspannungstechniken und – für den einen oder anderen kurioserweise – Massagen. Weniger Stress, mehr innere Ruhe und ein feineres Bewusstsein dafür, was einem gut tut, all dies scheint die Sucht nach Nikotin zu mindern: “60 % weniger Zigaretten konsumierten Raucher, nachdem sie ein Meditationsprogramm absolviert hatten” , berichtet das Magazin “Stern” (Nr. 43, 17.10.2013). Da wünscht man sich zur Erheiterung als nächstes die Meldung, dass irgendein Boss eines Tabakgiganten auf Yoga schwört.

Populäre Wunderwaffe Achtsamkeitstraining

Tatsächlich gibt es immer mehr gut konzipierte Studien, die zur Nikotinentwöhnung, aber auch im Alkoholentzug die Wirksamkeit einer Technik stützen, die ein zentraler Teil des klassischen Hatha Yogas ist: Mindfulness oder zu deutsch Achtsamkeitstraining. Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam des Kasturba Medical College in Karnataka, Indien (Quelle 3). In sanften Yoga-Varianten wie Hatha und dem Achtsamkeitstraining wird das Bewusstsein für innere Vorgänge und die eigene Befindlichkeit trainiert und geschärft. Gleichzeitig werden Automatismen wie eingefahrene Denkmuster durchbrochen. Aktuelle Theorien lassen laut indischen Forschern darauf schließen, dass durch Yoga und Achtsamkeitstraining erworbene Fähigkeiten auf psychologische, neurale, physiologische und verhaltensbedingte Faktoren einwirken. Achtsamkeitstraining und Yoga werden entsprechend in immer mehr Kliniken vielfältig eingesetzt.

Studien: Einmal quer gelesen

Trotz einer gigantischen, den Globus umspannenden Tabakindustrie und weltweit ca. einer Milliarde (!) Rauchern, laut Weltgesundheitsorganisation WHO, gibt es bislang kaum überzeugende Strategien der Raucherentwöhnung. Das überrascht erst mal. Die klassische Medizin scheint hier also nicht sonderlich erfolgreich zu sein. Diese verblüffende Tatsache gab einem Forschungsteam der Neurologischen Fakultät, Oregon Health & Science University, Anlass  zu einer systematischen Analyse von bereits abgeschlossenen Studien (Quelle 4). Ziel dieser Analyse war die Frage:  Unterstützen wesentliche bisherige Studien, dass Yoga und Meditation zur Raucherentwöhnung beitragen? 14 dieser Studien entsprachen den angelegten wissenschaftlichen Kriterien und wurden zur Auswertung zugelassen. Das Ergebnis: Sie unterstützen tatsächlich das Potenzial von Yoga und Meditation als eine wirksame Hilfe, um die Nikotinsucht zu überwinden. Gleichzeitig wird von dem wissenschaftlichen Team empfohlen,  durch größere Testgruppen und verfeinerte Methoden diesen Forschungsansatz weiterzuverfolgen

Es gibt also zahlreiche, grundlegende Studien, die in eine Richtung weisen: Yoga einschließlich Meditation, Entspannungstechniken und Achtsamkeitsübungen ist ein sicherer Kandidat für eine unterstützende Rolle in der Raucherentwöhnung. So viel scheint klar zu sein. Doch: Bislang ist nicht belegt, ob Yogis auch langfristig der Versuchung des blauen Qualms widerstehen. Dies und die Frage, wie groß die Rolle von Yoga in der Nikotinentwöhnung ist, werden künftige Studien zeigen müssen. Aber, hey, was soll's – wir sind ja erst im dritten Jahrtausend. In der Yoga-Zeitrechnung muss man eben einen langen Atem haben. 

Dr. Kai Kaufmann ist Personal Trainer für Yoga in Hamburg

Wissenschaftliche Quellen: 

Quelle 1: Department of Epidemiology and Public Health, University College London; Shahab L.
Quelle 2: Mayo Clinic College of Medicine, Rochester, MN 55905, USA; Sood A.
Quelle 3: Kasturba Medical College, Manipal University, Manipal, Karnataka, India; Khanna S.
Quelle 4: Department of Neurology, Oregon Health & Science University (OHSU), Portland, OR, USA; Oregon Center for Complementary & Alternative Medicine in Neurological Disorders (ORCCAMIND) Carim-Todd L.

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Über den Autor

Dr. Kai Kaufmann
Dr. Kai Kaufmann ist Trainer für gesundes Stressmanagement, seelische Widerstandskraft (Resilienz), Yoga und Meditation für Mitarbeiter von Unternehmen und Einzelkunden. Über 15 Jahre war er in leitenden Positionen für Großverlage tätig. Während dieser Zeit war er selbst von einem monatelangen Burnout betroffen. Kai weiß daher, unter welchen Belastungen Mitarbeiter u. Führungskräfte heute oft stehen. Mit viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Humor stärkt der "XING Top Mind Mental Health 2022" seine Kunden auf ihrem persönlichen Weg.

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